Pferdeerziehung

Um ein Pferd richtig zu erziehen, kann man viele verschiedene Wege einschlagen. Es gibt dazu fast so viele Ansichten wie Ausbilder. Doch ist allen erfolgreichen Ausbildungswegen gemein, dass sie ihre Erfolge durch Konsequenz, Geduld und Freundlichkeit im Umgang mit den Vierbeinern erzielen. Es ist für jeden Pferdefreund oder Pferdebesitzer empfehlenswert, sich in verschiedene Theorien einzulesen und daraus ein Konzept zu entwickeln, das für das eigene Pferd stimmig ist. Denn kein Pferd gleicht in seinem Wesen und Charakter dem anderen, so dass eine individuelle Herangehensweise für einen guten Erfolg in der Erziehung des Pferdes maßgeblich ist.

Wichtige Bausteine für die Pferdeerziehung

Pferd springtZunächst sollte sich jeder Pferdefreund Wissen über das Verhalten des Pferdes aneignen, so dass er pferdetypische Verhaltensweisen und Instinkte wie beispielsweise den Fluchtreflex kennt und versteht. Dafür ist es unerlässlich, dass der Pferdebesitzer das natürliche Verhalten des Pferdes innerhalb seiner Herde studiert und weiß, wie Pferde miteinander umgehen und ihre Konflikte regeln. In einer Herde herrscht immer eine strenge Rangordnung, weshalb es wichtig ist, dass auch zwischen Mensch und Pferd eindeutig geklärt ist, dass der Mensch die Führung innehat. Die Erziehung des Pferdes sollte stets gewaltfrei und in einem partnerschaftlichen Verhältnis, das von Vertrauen geprägt ist, erfolgen.

Die Körpersprache des Menschen ist entscheidend

Ob der Mensch in den Augen des Pferdes in der Lage ist, die Führung zu übernehmen, entnimmt das Pferd der Körpersprache des Menschen. Durch genaue Beobachtung schätzt das Pferd seinen Menschen ein. Ein Mensch, der sich in den Augen des Pferdes ranghoch verhält, wird im Beziehungsaufbau und in der späteren Erziehung des Pferdes wesentlich weniger Probleme haben, als ein rangniederer Mensch. Deshalb ist es sehr wichtig, dass ein Mensch seine Körpersprache im Umgang mit dem Pferd stets gut reflektiert und vor allem bei einem Erstkontakt genau auf seine Bewegungen und Gesten achtet. Ungehöriges Verhalten des Pferdes wie etwa Drängeln oder Schubsen sollten stets sofort unterbunden werden.

Eine gute Beziehung ermöglicht die Erziehung des Pferdes

Das Ziel einer guten Beziehung – und damit Erziehung – liegt in gegenseitigem Vertrauen und Respekt. Einerseits muss das Pferd wissen, dass es sich jederzeit auf seinen Führer verlassen kann und dass dieser ranghöher ist. Gleichzeitig ist es die Aufgabe des Menschen, seinem Pferd Sicherheit und Führung zu geben und seinen Charakter und seine Wesenszüge zu achten und zu schätzen. Eine positive Grundhaltung gegenüber dem Pferd ist bei der Pferdeerziehung von großer Bedeutung.

Erziehung beginnt bereits im Fohlenalter

Der Grundstein für eine erfolgreiche Pferdeerziehung wird bereits im Fohlenalter gelegt. Kurz nach der Geburt beginnt die Prägephase des Fohlens. Behutsame Berührungen durch den Menschen, erste sanfte Fellpflege und das Anlegen des Halfters prägen sich dem Fohlen in dieser Zeit besonders nachhaltig ein und werden so für das Jungtier gleich zur Normalität. Das Führen des Fohlen mit dem Strick kann man in den ersten Lebenswochen bereits gut üben, sofern man neben der Mutterstute mitläuft und beachtet, dass das Fohlen entsprechend seiner natürlichen Position zur Mutter während seiner ersten Lebensjahre bevorzugt hinter der führenden Person läuft.

In den ersten Lebensmonaten und -jahren ist es empfehlenswert, das Fohlen und Jungpferd an viele verschiedene Situationen und Untergründe heranzuführen, damit es Sicherheit gewinnen und Vertrauen aufbauen kann. Gleichzeitig können bereits bei Fohlen die ersten Kommandos eingeführt werden. Geputzt werden und sich dabei ruhig zu verhalten, stehen ebenfalls auf dem Lehrplan für Fohlen. Junge Pferde haben nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Deshalb dürfen die Übungen nicht zu lange sein, um das Jungtier nicht zu überfordern. Im ersten Lebensjahr übt man nicht länger als einige Minuten. In den Folgejahren steigern sich die Übungseinheiten langsam auf eine halbe Stunde.

Ponys und Pferde sind erst mit 5 bis 7 Jahren körperlich und seelisch ausgewachsen. Einem Einjährigen kann bereits schadlos ein Zaumzeug angelegt werden, z. B. um mit ihm Spazieren gehen zu können. Der Sattel gehört dagegen frühestens mit Vollendung des dritten Lebensjahres auf den Rücken eines jungen Pferdes, um Schäden von Knochengerüst und Sehnenapparat des noch nicht ausgewachsenen Tieres fernzuhalten.

Geduld und viel Zeit sind die Erfolgsfaktoren, will man ein ausgeglichenes, vertrauensvolles, gesundes und leistungsbereites Pferd heranziehen.

Die Erziehung des erwachsenen Pferdes

Und was tun, wenn das Pferd schon groß ist und alles, was ein Fohlen lernen sollte, nicht gelernt hat? Oder sich beim neuen Besitzer ganz anders benimmt, als man es beim Ausprobieren im Verkaufsstall kennengelernt hat?

Macht nichts, wenn man sich nur richtig verhält. Wenn das neue Pferd zunächst ausprobieren will, wer das Sagen hat, ist das an sich normales Pferdeverhalten. Auch wenn man viel Geld bezahlt hat: der neue Besitzer ist das neue Herdenmitglied -nicht anders herum!- und muss seine Position definieren. Je dominanter der neue Vierbeiner ist, desto mehr und vielleicht auch öfter wird man ihm erklären müssen, dass er sich hinter seinem neuen Menschen einzuordnen hat. Hat das Pferd eine gute Ausbildung genossen, wird es seinen Platz bald akzeptieren.

Einige Ponys und Pferde scheinen allerdings noch nie etwas von gutem Benehmen gegenüber dem Menschen gehört zu haben. Auch das ist in den meisten Fällen kein unlösbares Problem, sondern eher eine Herausforderung, an der man selber als Pferdemensch wachsen kann. Fast jedes Pferd lässt sich mit viel Ausdauer, Sachverstand und Geduld selbst im hohen Alter noch erziehen. Es dauert vielleicht ein bisschen länger und mag für den Ausbilder anstrengender sein. Ausgewachsene Pferde, die sich eventuell auch noch ihrer Kraft bewusst sind, brauchen andere Erziehungsweisen als Fohlen, die oft durch Körpereinsatz noch beeindruckbar sind. Viel Bodenarbeit, konsequentes Einfordern von Gehorsam bei allen gemeinsamen Aktivitäten und viel Lob helfen. Die Arbeit am Boden sollte die ersten Monate mindestens soviel Platz einnehmen wie das Reiten selber.

Konsequenz und Freundlichkeit sind häufig wichtiger und erfolgreicher in der Ausbildung als der Versuch eines besonders dominanten Auftretens, das vielleicht gar nicht zum eigenen Charakter passt. Pferde erkennen sofort, ob man mit natürlicher Gelassenheit oder antrainiertem Imponiergehabe an sie herantritt. Ist man in der Pferdeausbildung nicht erfahren, solltest Du Seminare zu besuchen und Dich an eine in der Ausbildung von Pferden erfahrene Person wenden, die viele verschiedene Herangehensweisen kennt und praktiziert.